Unten dicht machen

Die Innenminister wollen mehr Sicherheitsfußball – die Amateur-Oberligen sollen stärker überwacht werden

DÜSSELDORF taz ■ Die Innenminister der Bundesländer predigen den Sicherheitsfußball. Bei der jüngsten Konferenz der Polizeiminister in Nürnberg preschte NRW-Innenminister Ingo Wolf mit einer Initiative gegen Gewalt in unterklassigen Fußballstadien vor. „Wir müssen bundesweit einheitlich gegen den Besorgnis erregenden Trend zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in den Stadien angehen“, forderte der Freidemokrat. Die Sicherheitsstandards bei Risikospielen in der Fußball-Oberliga müssten künftig genauso hoch sein wie bereits heute bei Spielen der Profiligen. Dazu gehörten unter anderem der Einsatz qualifizierter Ordner, Einlasskontrollen und Stadionverbote.

Prompte Unterstützung bekam Wolf von seinem bayerischen CSU-Amtskollegen Günther Beckstein: „Der gute Ruf, den Deutschland sich während der Fußball-WM als friedliches Fußball-Land erworben hat, darf nicht durch gewalttätige Randalierer, egal in welcher Liga, in Misskredit gebracht werden.“ Ein derber Oberligakick zwischen Oberhausen und Uerdingen gefährdet also den sommermärchenhaften deutschen Ruf im Ausland? Die Ressortchefs gaben jedenfalls eine Studie zur Kriminalitätsentwicklung vor allem in den unteren Spielklassen in Auftrag. Außerdem sollen die Ursachen dieser Entwicklung erforscht und festgestellt werden, ob und wie dagegen vorgegangen werden kann.

Auslöser für die Initiative aus Düsseldorf waren Vorkommnisse aus den Oberligen Nordrhein und Westfalen. Bei einem Heimspiel von Turu Düsseldorf gegen Uerdingen gab es im August Ausschreitungen. Dabei biss ein Polizeihund einen Linienrichter. Im September musste die Partie VfB Speldorf gegen Rot-Weiß Oberhausen unterbrochen werden. Bei Schlägereien im RWO-Fanblock wurden zwei Polizisten durch Faustschläge verletzt.

Warum diese Scharmützel den Innenministern als Vehikel für ein bundeseinheitliches Vorgehen dienen, erscheint allerdings höchst fragwürdig. Die Verantwortlichen in den Oberligen reagierten denn auch zurückhaltend auf den politischen Aktionismus – bereits bei Bekanntwerden des Wolf-Plans (taz berichtete). „Es läuft doch normal, darum sehe ich keinen Handlungsbedarf“, sagte Rolf Thiel, Staffelleiter der Nordrhein-Oberliga. Von einem Anstieg der Gewalttaten bei Oberligaspielen könne keine Rede sein. Auch Westfalen-Ligachef Rainer Waltert wiegelte ab: „Wir sprechen von kleineren Vorfällen.“ Clubvertreter sind ebenfalls skeptisch: „Bundesweite Stadionverbote für Gewalttäter unterstützen wir natürlich“, sagte Thorsten Binder, für die Fans zuständiges Vorstandsmitglied bei RWO. Die „Einzelfälle“ in den Oberligen sollten aber nicht mit den schweren, teils rassistischen Krawallen bei einigen ostdeutschen Regionalligaclubs verwechselt werden.

Auch Fans reagieren allergisch auf die Profilierungsversuche von Innenministern. Die „Panikmache schadet den kleinen Vereinen mehr als dass sie hilft“, schreibt ein RWO-Fan in einem Oberliga-Internetforum. Finanziell sei für einige Vereine ein größeres Sicherheitsaufgebot nicht zu stemmen. Vielmehr solle der Staat sein eigenes Verhalten überdenken: „Polizeibeamte, die eigentlich für Ruhe sorgen sollen, provozieren die Anhänger.“ Und die Polizeihunde sollten besser Maulkörbe tragen.

MARTIN TEIGELER